23. Februar 2023 11 Minuten Lesezeit E-LearningTipps & Tricks
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„Lass uns mal ‚E-Learning‘ einführen, das machen grad alle!!!“ Es gibt immer wieder digitale Strömungen, in denen alle treiben wollen. Dabei machen sich einige kaum Gedanken darüber, wozu sie es brauchen und ob es überhaupt zielführend ist.
Ein Learning Management System (LMS) ist die Infrastruktur, die es ermöglicht Lerninhalte zu verwalten und auszuliefern – und zwar zielgruppengenau, bedarfsgerecht und idealerweise zur genau richtigen Zeit. Dabei stellt die Einführung eines LMS für die meisten Unternehmen ein Change Prozess und auch eine bedeutende Investition dar – sowohl was Zeit als auch personelle und monetäre Ressourcen angeht. Bevor Sie ein LMS einführen, sollten Sie daher die Bedürfnisse und Ziele Ihres Unternehmens und vor allem Ihrer User identifizieren. Hier sind 11 Fragen, die Sie sich vor der Einführung eines neuen LMS stellen sollten, damit das Projekt ein Erfolg wird.
Im ersten Schritt – bevor Sie alles andere angehen – sollten Sie sich folgende Frage stellen: Warum brauchen wir ein (neues) LMS und was möchten wir damit erreichen?
Je nach Anwendungsfall gibt es unterschiedliche Ziele. Bei einem innerbetrieblichen Einsatz des LMS könnten mögliche Ziele sein: neue Mitarbeitende schneller und nachhaltiger onboarden, die Mitarbeiterfluktuation durch attraktive Weiterbildungsangebote zu senken, oder um einen besseren Überblick über den Kenntnisstand der Mitarbeitenden zu bekommen, um daraus abgeleitet persönliche Entwicklungspläne zu entwickeln. Wenn Sie das LMS eher für Produktschulungen nutzen möchten könnte ein Ziel sein, Verkäufe zu steigern, in dem das Sales-Personal oder angeschlossene Handelspartner besser geschult werden. Ein weiteres Ziel könnte sein, die Abhängigkeit von Präsenzschulungen zu reduzieren und somit die Kosten für Schulungen zu senken, indem neben Präsenzschulungen auch Online-Kurse angeboten werden (Stichwort „Blended Learning“). Ein LMS hilft Ihnen aber auch dabei Trainings nach außen zu verkaufen, neue Verkaufskanäle und -märkte zu erschließen und Ihr Geschäft zu skalieren.
Erst wenn Sie sich Ihrer Ziele bewusst sind, können Sie zum einen die Anforderungen an das LMS besser eingrenzen und zum anderen können Sie das Ergebnis der Einführung besser bewerten.
Im zweiten Schritt sollten Sie sich fragen, ob Sie überhaupt ausreichende Ressourcen haben, um ein solches Projekt zu stemmen. Außerdem sollten Sie klären, ob Ihre Ressourcen über ausreichende Kompetenzen und Know-how verfügen. Das bedeutet konkret: Haben Sie jemanden in der IT, der den Überblick über die Systemlandschaft in Ihrem Unternehmen hat und über entsprechendes technisches Wissen verfügt? Außerdem sollten genügend Ressourcen in den Fachabteilungen, in HR und Kommunikation und sonstigen relevanten Abteilungen zur Verfügung stehen – das sind die Gruppen, die Sie bei der Einführung eines LMS in jedem Fall abholen müssen. Und nicht zu vergessen: je nach Unternehmensgröße spielt der Betriebsrat eine nicht unerhebliche Rolle, denken Sie daran, auch diese Personen frühzeitig einzubinden.
Die dritte Frage geht einher mit der ersten Frage. Die meisten Unternehmen benötigen ein LMS, weil Sie bestimmte Herausforderungen meistern müssen. Es ist wichtig, zu identifizieren, welche spezifischen Probleme oder Schmerzpunkte im Prozess bestehen, die das LMS lindern soll. Dies kann z.B. mangelnde Zugänglichkeit von Schulungen, unzureichende Nachverfolgung von Schulungsergebnissen oder mangelnde Effizienz bei der Verwaltung von Lernmaterialien sein. Wenn Sie Ihre Schmerzpunkte identifiziert haben, können Sie sicherstellen, dass Sie das LMS auswählen, das die für Sie relevanten Funktionen und Werkzeuge bereitstellt, um diese Probleme effektiv zu lösen.
Diese Frage hilft Ihnen dabei, die finanziellen Rahmenbedingungen für Ihre LMS-Einführung zu bestimmen. Ein höheres Budget ermöglicht es Ihnen, ein umfassenderes und leistungsfähigeres System zu erwerben, während ein niedrigeres Budget möglicherweise beschränktere Funktionalitäten zur Folge hat. Letzteres muss nicht schlechter sein: je nach Ihren speziellen Anforderungen benötigen Sie gar kein „großes” LMS mit Funktionen, die Sie nie nutzen werden. Es ist aber wichtig, dass Sie Ihr Budget bei der Auswahl eines LMS berücksichtigen, um sicherzustellen, dass Sie ein Tool erwerben, das Ihren Bedürfnissen entspricht und innerhalb Ihrer finanziellen Mittel liegt. Das Budget sollte dabei aber nie das einzige ausschlaggebende Argument sein. Weitere wichtige Aspekte sind die Anforderungen Ihrer Stakeholder (siehe Frage 6) und auch, ob das Tool in Ihre bestehende Systemlandschaft passt (siehe Frage 7).
In ihrem Kern konzentriert sich diese Frage auf die strategische Ausrichtung Ihrer Bildungsarbeit. Werden Sie das Learning Management System nur innerbetrieblich nutzen, zur Schulung der eigenen Mitarbeitenden, oder sollen angeschlossene Partner und Kunden geschult werden oder möchten Sie gar Lerninhalte verkaufen? Es ist wichtig, zu bestimmen, ob das LMS nur von Ihren eigenen Mitarbeitenden genutzt wird oder ob auch externe Personen wie Kund/-innen, Händler oder Partner Zugang haben sollen. Außerdem sollten Sie identifizieren, wie Administratoren, Kursleiter, Abteilungsverantwortliche und auch Lernende das LMS nutzen werden. Auch von diesen Punkten hängt es ab, welche Funktionalitäten das LMS haben muss, wie z. B. Shop-Funktionen, Gamification Features oder bestimmte Nachweis- und Zertifizierungs-Prozesse.
Die Anforderungen an ein LMS variieren zwischen den verschiedenen Interessengruppen. Die Gruppe ist weit größer, als Sie denken – denn Stakeholder sind nicht nur die Lernenden. Je nachdem wie Sie das LMS einsetzen wollen, haben Sie unterschiedliche Beteiligte.
In jedem Fall müssen Sie die IT bzw. Administratoren in die Entscheidung mit einbeziehen. Wenn Sie innerbetriebliche Fort- und Weiterbildungen für Ihre eigenen Mitarbeitenden anbieten möchten, sollten Sie z. B. immer die Anforderungen der Personalentwicklung, Fachabteilungen, Content-Owner und eventuell auch den Betriebsrat einbeziehen. Wenn Sie hauptsächlich Externe schulen möchten, wie z. B. Händler oder Partner, sollten Sie die Bedürfnisse der jeweiligen Regional- oder Vertriebsleitung berücksichtigen. Hierbei kann es sich um technische Anforderungen wie beispielsweise die Verfügbarkeit auf verschiedenen Geräten handeln, aber auch um didaktische Anforderungen wie die Gestaltung von interaktiven Lerninhalten. Es ist wichtig, diese Anforderungen zu identifizieren und zu berücksichtigen, um ein LMS zu entwickeln, das den Bedürfnissen aller (Stakeholder) gerecht wird. Beziehen Sie dabei die Administratoren und auch Lernenden besonders in der Testphase mit ein und holen Sie sich deren Feedback ein. Denn das beste Tool bringt nichts, wenn es nicht genutzt wird.
Diese Frage bezieht sich auf die technischen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um das LMS effektiv nutzen zu können. Dazu gehören beispielsweise die Anforderungen an Hardware, Software und Netzwerkkapazitäten. Es ist wichtig, diese im Vorfeld zu überprüfen, um sicherzustellen, dass Ihr Unternehmen über die notwendige Infrastruktur verfügt, um das LMS effektiv nutzen zu können. Bedenken Sie dabei besonders die Systeme, zu denen es etwaige Schnittstellen zum LMS geben soll, wie HR-, CRM-Tools oder auch Rechnungssysteme. Wenn Sie also zum Beispiel Lerninhalte über das LMS verkaufen möchten, dann sollte eine Integration zu Ihrem bestehenden CRM bestehen. So können Sie Ihren Kundinnen und Kunden ein optimales Kauferlebnis ermöglichen. Wenn Sie die Daten aus beiden Systemen miteinander synchronisieren, können Sie Informationen Ihrer Nutzer aus dem LMS direkt im CRM weiterverarbeiten. Das spart zum einen Zeit, weil Sie keine doppelte Datenhaltung haben, und reduziert zum anderen die Fehleranfälligkeit bei der Dateneingabe.
Bei Lerninhalten gibt es drei Szenarien:
In allen drei Szenarien können Sie jegliche Art von Lernformaten einbeziehen, von Präsenzschulungen über Micro Nuggets und Videos bis hin zu Tests und mehr. Je nachdem welches Szenario Sie wählen, kann dies Auswirkungen auf die Anforderungen an die Funktionalität des LMS haben, z. B. ob Sie Inhalte über Remote-SCORM einbinden können oder ein SCORM-Upload machen können, ob Sie Inhalte zu Kursen und Lernstrecken zusammenfassen können und ob Multimedialität unterstützt wird. Außerdem hat es einen Einfluss darauf, wie viele Ressourcen Sie benötigen werden, um die Inhalte zu erstellen und zu verwalten.
Sie sollten von vornherein die wichtigsten – auch zukünftigen – Funktionen Ihres Wunsch-LMS definieren, um sicherzustellen, dass das gewählte System alle Ihre Anforderungen erfüllt. Funktionen, die unbedingt erforderlich sind, sollten als Must-have identifiziert werden, während Funktionen, die zwar nicht unbedingt erforderlich sind, aber trotzdem wünschenswert sind, als Nice-to-have bezeichnet werden können. Ein Request-for-Information (RFI) Dokument, also eine strukturierte Informationsanfrage an verschiedene Anbieter, kann bei der Priorisierung helfen.
Bei der Definition der benötigten Features sollten immer die wichtigsten Stakeholder involviert sein (siehe Frage 6). Unterschiedliche Unternehmensbereiche haben unterschiedliche Anforderungen an das LMS. E-Learning in der Aus- und Weiterbildung erfordert andere Funktionen als E-Learning für regulatorische Trainings. Bei letzterem spielen z. B. Dokumentation und Nachweismöglichkeiten eine wichtige Rolle. Die Anforderungen an E-Learning in der Verwaltung sind auch anders als die in Produktionsbetrieben usw.
Vergessen Sie aber nicht einen weiteren wichtigen Aspekt: Zukunftsfähigkeit. Planen Sie nicht nur für den Moment, sondern nachhaltig. Es kann sein, dass Sie bestimmte Funktionen noch nicht benötigen, diese bei einer Ausweitung des Nutzerkreises aber später relevant werden können. Wählen Sie also ein LMS, das skalier- und erweiterbar ist und sich auch an wachsende Bedürfnisse und Anforderungen anpasst.
Wenn Sie die verschiedenen Faktoren beachten, können Sie einfacher Prioritäten setzen und sicherstellen, dass Sie das LMS finden, das die wichtigsten Bedürfnisse Ihres Unternehmens und Ihrer User erfüllt. Seien Sie sich aber eins bewusst: Die eierlegende Wollmilchsau werden Sie nie finden.
Datenschutz und Datensicherheit sind wichtige Themen, insbesondere bei der Verwaltung sensibler Informationen wie persönlicher Daten von Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden. Es ist wichtig, zu überprüfen, wie das ausgewählte LMS den Datenschutz und die Datensicherheit gewährleistet, einschließlich des Standorts der Server, in denen die Daten gespeichert werden, und den Maßnahmen zur Verschlüsselung und zur Verhinderung unbefugten Zugriffs auf Daten. Seit Inkrafttreten der DSGVO gehen Sie mit einem Tool, das in der EU bzw. in Deutschland gehosted wird, den sicheren Weg.
Last but not least: Legen Sie frühzeitig fest, wer für die Verwaltung und den Betrieb des LMS verantwortlich sein wird, einschließlich der Aktualisierung und Wartung. Außerdem ist es von Bedeutung, zu überlegen, wer bei Problemen und Fragen die erste Anlaufstelle sein wird und wer Unterstützung bei der Lösung von Problemen bietet. Dies kann intern oder durch einen externen Dienstleister erfolgen. Die IT sollte auf jeden Fall von Anfang an mit eingebunden werden und ihre Rolle nach der Implementierung, d.h. im laufenden Betrieb, definiert und kommuniziert werden. Schulen Sie außerdem rechtzeitig die Kursadministratoren, damit diese Anwenderfragen oder auch Fragen zu den Kursabläufen und -inhalten beantworten können. Zusammengefasst: Binden Sie alle relevanten Personengruppen frühzeitig mit ein.
Ein Learning Management System einzuführen, ist in den meisten Fällen ein größeres Projekt. Noch bevor Sie das LMS installieren, sollten Sie sich einige zentrale Fragen stellen, die Sie dabei unterstützen, Ihre spezifischen Ziele und Schmerzpunkte zu identifizieren, technische Anforderungen zu klären und die Datensicherheit zu gewähren. Dabei sollten Sie nie die Bedürfnisse Ihrer User vergessen. Wenn Sie alle diese Fragen von vornherein klären, können Sie sichergehen, dass Sie das richtige LMS für Ihr Unternehmen auswählen und die Einführung ein Erfolg wird.
Und noch ein Tipp zum Schluss: denken Sie daran, alle beteiligten Stakeholder und die Lernenden früh in der Kommunikation berücksichtigen und phasenweise an das neue System ranführen. Mehr dazu in unserem Beitrag „Akzeptanz im E-Learning“.
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Ken Weid, Key Account Manager
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